Dienstag, 18. August 2009

Das Bild lässt Wahlleiter Egeler auch in der Wachsfigur-Vitrine nicht los


In der Donnerbalken-Vitrine deutscher Geschichte: der Egeler

Nach dem Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok (SPIEGEL 33/2009) kritisiert inzwischen auch (Spiegel Online von heute) der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein die Abläufe im Bundeswahlausschuss, vor allem den Bundeswahl-Leiter. Gerade im Fall der Pauli-Partei, sagt der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Klein, "begegnet die Vorgehensweise des Ausschusses erheblichen Zweifeln". Zumindest, so Klein, hätte man hier "die bei der Parteienzulassung eigentlich erforderliche Großzügigkeit walten lassen können und müssen". Für Klein, der am Bundesverfassungsgericht zuständig für Parteienrecht war, birgt das Vorgehen im Fall Pauli "Gefahren für die Gültigkeit der Wahl". Im Klartext heißt das, dass eine Wahlanfechtung Paulis durchaus erfolgreich sein könnte. Im ungünstigsten Fall müsste dann die Bundestagswahl wiederholt werden.

Die Stellvertreter-Unterschriften im Auftrag waren rechtens. Denn musste Pauli überhaupt selbst unterschreiben? Im Gesetz steht das Wörtchen "soll" und nicht "muss". Nach dem Bundeswahlgesetz hätte Pauli sogar nach Ablauf der Frist noch unterschreiben dürfen, nämlich dann, wenn trotz fehlender Unterschrift der Wahlvorschlag "an sich" gültig war. Die Fälscher demokratischer Wahlgesetze mit dem Bundeswahlleiter an der Spitze (aber der Bundespräsident hat doch gesagt...) wissen nun, dass juristische Fakten obsiegen werden. Ihr abgekatertes Falsch-Spiel ist entdeckt worden. Sie haben verloren. Sie wissen es ausreichend lange vor der Wahl und müssen die Konsequenzen, wenn ihre Entscheidung nicht noch rechtzeitig korrigiert wird, persönlich tragen.

Der Bundeswahl-Leiter vom Wiesbadener Statistischen Bundesamt ge-hört ins Wachsfiguren-Kabinett, hatte ich am 7/Aug/2009 geschrieben und trat damit offenbar eine kleine Lawine los, gab Urteils-Sicherheit wie gewohnt. Herr Egeler gehört in eine Wachsfiguren-Vitrine vor dem Donnerbalken deutscher Statistik. Deshalb wiederhole ich: Die Bundestags-Wahl ist schon jetzt ungültig, es sei denn, die "Freie Union" würde in Bayern noch voll zur Wahl zugelassen werden.


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Nachtrag

Die Ereignisse überschlagen sich förmlich. Soeben wird in Spiegel Online gemeldet, nur Stunden nach meinem Essay von oben:

Berlin - Gabriele Pauli geht in die Offensive: Die Freie Union der früheren CSU-Politikerin will mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht doch noch ihre Zulassung zur Bundestagswahl erreichen. Ein entsprechender Antrag sei vorbereitet und werde am Mittwoch bei Gericht eingereicht, sagte der Justiziar und Bayerische Landesvorsitzende der Partei, Oliver Schmidl, dem "Tagesspiegel". Laut Schmidl könnte das Gericht noch in dieser Woche über den Fall entscheiden.

Ein richtiger Schritt! Ich drücke die Daumen.


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Nachtrag am 18/Aug/2009 1:30 +1

Die Chancen des Eilantrags aus der Sicht des ehemaligen Verfassungs-richters Klein in einem soeben herausgegebenen Interview.

Gerichte stützen "unmenschliche Systeme", wenn sie sich aufgrund widersprüchlicher Gesetze auf dem Rücken hilfesuchender Menschen blockieren. Selbst das Bundesverfassungs-Gericht könnte so in eine Sackgasse geraten, glaube ich aber nicht, da ich obersten Richtern sehr vertraue.


SPIEGEL ONLINE: Die Freie Union hat einen Eilantrag beim Bundes-Verfassungsgericht in Karlsruhe gestellt. Könnte Gabriele Pauli damit Erfolg haben?

Klein: Nein. Das Gericht hat erst vor kurzem wieder bekräftigt, dass es einen Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Bundes-wahlausschusses erst nach der Wahl gibt - mit der Zurückweisung eines Eilantrags der Grauen. An dieser Recht-sprechung ist nicht zu deuteln.

SPIEGEL ONLINE: Ist das Ihrer Meinung nach richtig?

Klein: Der Gesetzgeber könnte und sollte meiner Meinung nach daran etwas ändern. In solchen Fragen muss ein Eilverfahren auch vor der Wahl möglich sein. Die Gewissheit, dass niemand im Nachhinein wegen eines solchen Fehlers eine Wahlwiederholung will, ist es doch, die dazu führt, dass der Bundeswahlausschuss sich offenbar so sorglos fühlt.


Das Bundesverfassungs-Gericht hat schon öfter die Rolle einer Bürger-Anwaltschaft übernommen, die es leider als offizielles Organ nicht gibt. Es hat diktatorische Tendenzen aufgedeckt und den Bürger geschützt. Mit dem Antrag der "Freien Wähler" kommt die Aufgabe auf das Gericht zu, eine Gesetzes-Lücke, die schamlos ausgenutzt wurde, mit über-geordneten Gesetzen zu füllen. Es darf nicht sein, dass sich die Katze wegen einer einmal gefassten spröden Feststellung in den Schwanz beißt und Unrecht durch das oberste Gericht festgeschrieben wird.

Der Fall ist juristisch so eindeutig, dass es einer Gerichts-Verhandlung, die einen Aufschub bis nach der Wahl rechtfertigen würde, nicht bedarf. Die Hilfe-suchende Partei hat den Recht-Schutz bereits, da nicht gegen eine "Entscheidung" des Bundeswahl-Ausschusses angegangen werden muss, sondern gegen eine krasse Fehlentscheidung, die ungültig ist. Eine Soll-Bestimmung ist keine Muss-Bestimmung, so sehr Herr Klein diesen Begriff auch dehnen möchte.

Eine Soll-Anweisung ist immer auch eine "Sollte"-Anweisung. Wir haben keine Diktatur, in der die Missachtung eines Sollte-Imperativs gleich in eine Todesstrafe umgewandelt wird. Wir leben in einer Demokratie, die nicht einmal den Begriff nationaler "Einigkeit" in der Nationalhymne versteht und damit in die Nazizeit zurückfällt, in der das Recht aufgrund diktierter Einigkeit dehnbar war. Ob wir aber in einer Demokratie leben oder in einer bürokratisch bemäntelten Parteien-Auswahl-Auser-wählten-Diktatur, das soll ja gerade eine Wahl zeigen.

Es darf nicht sein, dass eine Amigo-Bande auf elementaren Grundrechten der Bürger herumtrampeln und dem höchsten deutschen Gericht ein kalkuliertes Schnippchen schlagen kann.

Eigentlich geht es gar nicht um Partei-Zulassungen aller drei Kandidaten, sondern um Verletzungen der Bewerbungsrechte, die zu einer illegalen Ablehnung geführt haben. Herr Klein tat so, als befänden wir uns noch in einem Rechts-Raum. Aber wir befinden uns bereits in einem rechtlosen Raum, in dem die Wahlgesetzgebung durch den Wahlleiter selbst missbraucht wurde. Die Sache ist ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft.

Nur alle vier Jahre haben Deutsche die Illusion, Demokratie gestalten zu können, indem sie wählen, zu den Wahlurnen gehen. Sie haben das Gefühl, wenigstens an diesem einen Tage gebraucht, gefragt und respektiert zu werden. Sie wissen oder ahnen, dass sie an allen anderen Tagen manipuliert werden. Nun aber geht es um diesen einen Tag: AUCH ER WIRD NUN MANIPULIERT. Die Axt zerhackt die Wurzeln der Demokratie - und das höchste deutsche Gericht soll dabei behilflich sein.

Die Gewalten-Teilung, Gerichtbarkeit für sich, gerät unter die Räder, wenn der Gesetzgeber geradezu angebetet wird. Dabei produziert er laufend Gesetze für Machterhalt, Parteien-Dominanz, diffuse Verwertung des Steueraufkommens, immer mehr Verwaltung, immer mehr Bevormundung der Bürger, immer mehr Gesetze und Verordnungen für Zwangs-Abgaben. Er produziert sie sogar aus eigenen Ministerien heraus, die mit Juristen überladen sind. Will die dritte Gewalt, die Gerichtbarkeit, einigermaßen objektive Maßstäbe bewahren, nicht wieder in relatives Recht wie einst hinein schlittern, dann wird sie auch die Gesetzgebung hinterfragen. Sie kann es, indem die Widersprüche zum Grundgesetz aufgedeckt werden.

Zwei meiner Kinder, die in München leben, wollen die Freie Union wählen. Daher fordere ich das Verfassungs-Gericht auf, die niederträchtige und schon kriminelle künstliche Barriere einer ungültigen Entscheidung, einer Fehlentscheidung, weg zu räumen. Die Staatsanwaltschaft fordere ich auf, gegen die Herren vorzugehen, da es nicht nur um Stimmen, sondern auch um erhebliche Vorleistungen, Opfer und Investitionen seitens der Kleinparteien geht.

Satirische Persiflagen sind recht gut dazu geeignet, Ereignisse zusätzlich auch optisch zu erläutern. Einen Weg hin zur autobiographischen Satire mit Humor, wie ihn einst Chlodwig Poth fand, suche ich auch noch. Die meisten Leute lesen nicht mehr so gern wie früher. Nicht protestieren, lieber Ausnahme-Leser dieser Zeilen, es ist einfach so. Sie schauen lieber auf Bilder, die ihnen das Lesen ersparen. Ab und zu bleibt der Blick jedoch auch an Texten haften, die Reime enthalten. Die Gute-Nacht-Gedichtchen der Kindheit schlagen dann durch. Fettdruck wie oben und Ausrufe-Zeichen wirken nicht annähern so schlau wie Reime in einem Gedicht. Daher wiederhole ich den Acht-Zeiler vom 4/Juli/09. Die entstellenden Schönheits-Chirurgen mit dem Skalpell an Grundgesetz und Wahl-Gesetz singen ihn zur Melodie der Nationalhymne:

Einigkeit und Recht und Schinken
für das deutsche Vaterland!
Lasst uns Wahl-Vieh-Bürger linken
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Lügen
sind des Glückes Unterpfand;
feste nur, lasst uns betrügen,
blühe dann, du Vaterland.






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